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Helena Scigala
Über diese Seite
Nach dem Tod meiner Mutter im Frühjahr 1998 bewahrte ich den umfangreichen künstlerischen Nachlass sorgsam auf. Im Ergebnis der (geschichts)wissenschaftlichen Erschließung dieses Erbes kann ihr Lebenswerk nun im Jahr 2022 anspruchsvoll gewürdigt werden!
Diese Seite zeigt ihr künstlerisches Vermächtnis und setzt damit der Grafikerin Helena Scigala sowie ihren (mehrheitlich Berliner) Weggefährt*innen ein Denkmal.
Neben einem kleinen Einblick in das Oeuvre, das Sie als Gast dieser Seite unkommentiert auf sich wirken lassen können, finden Sie hier eine biografische Zwischenbilanz und eine Zeittafel zu Leben und Werk. Ihre bisher erforschten Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und Buchillustrationen werden dokumentiert. Auszüge aus dem umfangreichen zeitgenössischen Medienecho lassen vielstimmige Meinungen und Betrachtungen zur Person und zu den Arbeiten wach werden. Ein Literaturverzeichnis gibt diverse Anhaltspunkte zu den Quellen für diesen Internetauftritt.
Ein umfangreiches Archiv enthält u.a. Personal- und Berufs-Dokumente, privaten und beruflichen Schriftwechsel, Einladungen zu Vernissagen, Ausstellungskataloge, Belegexemplare illustrierter Bücher, eine Sammlung von Zeitungsausschnitten (besonders von Ausstellungsberichten), eine Fotosammlung überwiegend von dem Berliner Pressefotografen und Bildreporter Stefan Fey sowie monografische und Sammelbeiträge zu Leben und Werk meiner Mutter.
Das umfangreiche grafische Werk wird derzeit in einem Werkverzeichnis zusammengefasst.
Martin Scigala
E-Mail-Adresse: art@helenascigala.de
Berlin, im August 2022
Biografische Zwischenbilanz
Die Berliner Grafikerin Helena Scigala gehörte bisher zu den sogenannten „lost women“ der Kunst, zu jenen Frauen also, die zu Lebzeiten bekannt und geehrt waren, nach ihrem Tod aber – auch aus Gründen geschlechterhierarchischer Tradierungsprozesse – von der öffentlichen Wahrnehmung ausgeschlossen wurden.
Ihre Werke berührten und beeindruckten Menschen seinerzeit über alle Generationen hinweg, was eine Vielzahl von initiativen Schreiben an die Künstlerin (oft nach einer Veröffentlichung über sie dann mittels Brief an die Verlagsanschrift) bezeugt. Das Bildmotiv „Mutter und Kind“ war ein zentrales Thema der Grafikerin, die selbst in ihrer Mutterrolle ganz aufging. Sie erschuf eine große Bandbreite hinsichtlich der Darstellung menschlicher Emotionen, von inniger Liebe bis zu tödlicher Angst.
Helena Scigala, die zu den bedeutendsten bildenden Künstlerinnen der ehemaligen DDR zu zählen ist, und deren Werke zeitgenössisch als an die von Käthe Kollwitz erinnernd gewürdigt wurden, sie hatte keinen Lebensweg, den wir heute als einfach oder barrierefrei bezeichnen würden. Damit stand Helena Scigala in ihrer Generation im 20. Jahrhundert und in der Mitte Europas zwar keineswegs allein, aber sie musste jeweils mehrere Hindernisse gleichzeitig überwinden, um sich behaupten zu können.
Bei der Biografieforschung über die Künstlerin lässt sich eine Perspektivierung sinnvoll anwenden, die von der jüngeren Geschichtswissenschaft als intersektional bezeichnet wird. Das meint das Vorliegen von mehrfacher und sich überschneidender Unterprivilegierung bei ein und derselben Person im Hinblick auf Kriterien wie Geschlecht, Sozialisierung, dominante Rollenmuster, Profession, Religion oder Staatsbürgerschaft.
Stark verkürzt und lediglich auf Geschlecht, Beruf und Staatsangehörigkeit bezogen, ist für Helena Scigala festzuhalten: sie war unterprivilegiert als weibliches Waisenkind und später als alleinerziehende Mutter der 1950er Jahre; sie war unterprivilegiert als Frau in der bildenden Kunst und sie war lange Zeit unterprivilegiert als Staatenlose in der DDR.
Durch ihre Liebesbeziehung mit einem verheirateten Mann geriet die damalige Kunststudentin in den Status einer ledigen Schwangeren; wurde danach zu einer zeitgenössisch Spätgebärenden, die mit ihrem Alter von knapp 31 um sechs Jahre über dem Mittelwert ihrer Generationengruppierung in Deutschland lag, und blieb schließlich fast zwei Jahrzehnte eine im vollen Wortsinn „alleinerziehende“, berufstätige Mutter.
Die strukturellen Benachteiligungen und die offensichtliche Ungleichbehandlung von Frauen im Kunstbetrieb der DDR (siehe dazu auch die geschlechterspezifischen Daten unter dem Punkt „Ausstellungsbeteiligungen“) galten gleichermaßen für Helena Scigala. Allerdings erfuhr sie im männerdominierten Berufsfeld auch Mentoring, besonders durch ihren Lehrer Prof. Arno Mohr, sowie Motivierung und Patronage durch ihren älteren Weggefährten Herbert Tucholski. Nach dem politischen Umbruch von 1989 in Deutschland geriet die inzwischen 68-Jährige unter die individuellen, sozialen Verwerfungen dieses Ereignisses und ist ein Beispiel dafür, dass „Armut im Alter“ Frauen besonders häufig trifft.
Zu den negativen Auswirkungen der Staatenlosigkeit, die erst am 52. Geburtstag der Künstlerin mit Überreichung einer Staatsbürgerschafts-Urkunde der DDR beendet wurde, sind noch ergänzende Untersuchungen erforderlich. Auch ihre Stellung als Nicht-Akademikerin im Zirkel der Künstler-Intelligenz, sie konnte ja als Jugendliche lediglich die Volksschule beenden, würde es verdienen, näher ausgeleuchtet zu werden.
Hinweis: Sämtliche Arbeiten sind urheberrechtlich geschützt. Abdrucke bedürfen der Genehmigung des Rechteinhabers (siehe Impressum).
Die Auswahl der hier gezeigten Arbeiten ist ein Querschnitt ihres künstlerischen Schaffens und nicht chronologisch geordnet. Da das Gesamtwerk sehr umfangreich ist, wird diese Auswahl in unregelmäßigen Abständen geändert.
Anfragen richten Sie bitte per Mail an: art@helenascigala.de